Das Gefühl von zu Hause - Am weißen Strand
Vor allem Robin hatte es
mir angetan. Er war mir einfach total sympathisch, obwohl ich noch gar nicht
viel von ihm wusste. Die Details kamen erst beim Schreiben. Ich mag an ihm,
dass er eine sehr natürliche und realistisch wirkende Figur ist. Seine
Geschichte könnte sich genauso abgespielt haben. Robin mag kein absoluter
Traummann sein. Er ist zwar sportlich und sieht gut aus, aber er ist sehr
zurückhaltend und kämpft mit seiner Vergangenheit. Ähnlich ergeht es Esther, die
in Robin einem Mann begegnet, der sie genau deswegen versteht. Mit dem
blassblonden Haar und der zierlichen Figur wirkte sie auf mich so zerbrechlich.
Ihre Wandlung in der Geschichte hat mich angespornt, denn schlussendlich erkämpft
sie sich ihre Stärke.
Das erste Mal kam mir die
Idee zu der Geschichte, als ich am Strand von Hvide Sande saß und auf die
aufgewühlte Nordsee schaute. Die Möwen kreisten über den vorderen Wellen und
vom Hafen aus fuhr der erste Krabbenkutter hinaus. Der Hund meiner Schwester
tollte mit meiner Tochter in den Dünen herum und mich umkreisten ein paar
zwanglose Ideen. Ich genoss diese wunderschöne Gegend.
Meine Buchfiguren tauchen
oft sehr unvermittelt in meinen Gedanken auf. Robin kam hingegen langsam, aber
sehr zielsicher zu mir. Ich stellte mir vor, wie er mit seinem Hund hinter mir den
Dünenhügel herunterkommt und am Strand spazieren geht. Es war nur ein erster
Gedanke, aber die Figur war sofort sehr präsent, als ich sie zu fassen bekam.
Ich spüre sofort, wenn ein Charakter Potenzial hat. Es ziehen viele an mir
vorbei, aber nicht alle taugen zum Protagonisten. Hier an den weißen Stränden
von Dänemark habe ich den ersten Impuls des Romans gesehen, und ich bekam ihn
nicht mehr aus dem Kopf. Zu Hause spann ich das dann weiter. Ich möchte, dass
sich die Charaktere selber entwickeln und oft verliebe ich mich dabei in sie.
Natürlich ist genau das geschehen und ich konnte nicht mehr davon lassen.
Eine Nebenperson hat es
mir besonders angetan. Robins bester Freund Mika, der junge Fischer. Er war
beim Erarbeiten des Exposés eine Nebenfigur, die mir halt spontan einfiel und
die ich sehr passend fand. Aber schon bei seinem ersten frechen Auftritt dachte
ich nur: „Wow!“ Mika ist etwas Besonderes. Ich musste sehr viel über Fischerei
und über die Schifffahrt selbst recherchieren. Das brachte mich ihm näher. Er
hat sich sehr eigenwillig entwickelt, und ich ließ ihn einfach gewähren.
Besonders fasziniert hat
mich der Aspekt, dass Robin ein Schriftsteller ist. Es war gar nicht geplant,
dass sich in dem Buch auch annähernd seine eigene Romanidee entwickelt. Diese
kleinen Szenen, die Robin in der Story schreibt, gefallen mir ausgesprochen gut.
Ich bin immer noch überrascht, wie er Bezug auf sein Leben nahm, aber dabei
etwas völlig anderes erschuf. Anfangs kämpft er ja mit dem magischen Aspekt
seiner Geschichte, weil es gar nicht seine Schreibrichtung ist. Schließlich
lässt er seinen Jeffrey aber selbst agieren und findet seinen Weg.
Beim Schreiben hat mich
das Setting selbst inspiriert. Ich war dort schon zweimal im Urlaub und fahre
auch dieses Jahr wieder nach Årgab, das ganz in der Nähe von Hvide Sande liegt.
Die Dünenlandschaft ist wirklich einzigartig. Ich komme dort zur Ruhe, kann die
moderne Welt ein wenig hinter mir lassen. Die Menschen dort begegneten mir
bisher immer freundlich, und ich habe mich sofort zu Hause gefühlt. Das Meer und
die Dünen vereinnahmen die Gegend, ähnlich wie auf einer kleinen Insel. Es ist zwar eine Landzunge, aber wegen dem Fjord
kommt dieses besondere Feeling auf. In Hvide Sande finde ich trotzdem den Rummel
eines kleinen Fischerhafens, kleine Boutiquen und charmante Restaurants. Eine
weitere Intention, diese Geschichte weiterzuverfolgen war auch die Sehnsucht zu
diesem Ort. Als der Urlaub vorbei war, fehlte mir die Atmosphäre der dänischen
Küste. Und wenn ich darüber schrieb, durfte ich immer ein wenig dorthin
zurückkehren. Dieses Gefühl ließ alles unglaublich lebendig wirken, auch die
Figuren, denn sie waren nun ein unauflösbarer Teil davon.