Sonntag, 31. Juli 2011

Magie im Eifelwald

Schon bei meiner Ankunft fühlte ich pure Freude, wieder an diesem Ort zu sein. Der alte Eifelwald hatte mich schon letztes Jahr gefangen genommen. Doch erst als ich meine Freundin und ihre wunderbaren Pferde begrüßte, war ich wirklich angekommen.
Es gab noch ein paar Vorbereitungen zu treffen, aber für mich fühlte sich nichts wie Arbeit an. Alle waren so von Freude durchflutet, mich zu sehen.
Schließlich lag die alte Prümerburg vor mir. Heller Sandstein ragte aus dem Wald hervor und eine besondere Aura lag über diesem Ort. Die Efeuranken wanden sich über die alten Steine und verdeutlichten die Verbindung, die die alte Burg mit der Natur eingegangen war.
Der untere Bereich der Festung verbarg das Geheimnis eines fast vergessenen Tunnels und bebte in seiner kühlen Dunkelheit vor Spannung. Am liebsten hätte ich mir eine Fackel herbeigezaubert, die Gitter aus den Angeln gerissen und diese mystische Finsternis erforscht, so wie meine beiden Hauprotagonisten die Kellerbereiche der irischen Festung Ross Castle. Ich lächelte über meine Gedanken. Natürlich waren die Gitter fest eingefasst, Fackeln gab es nicht und der Tunnel war zugeschüttet. Trotzdem nahm diese Tatsache mir nichts von meiner Faszination. Schließlich lief ich die alten Treppen hinauf und blickte über das weite Tal.

Der Tag neigte sich dem Ende zu, als mein sanftes Lied über die Wälder hallte, als die ersten Geschichten von meinen Lippen kamen. Ich spann einen magischen Reigen um meine Zuhörer und war selbst mitten in der Welt der Sídhe, die ich so sehr liebte, die mich nie losließ.
Der Abend begann. Die Sonne tauchte die Ruine der Prümerburg in rotgoldenes Licht. Die alten Bäume standen still, als würden sie zuhören – oh, ich glaube, das taten sie! Alles vermischte sich zu einer Einheit und außer dem Knistern des kleinen Lagerfeuers und meiner Stimme, vernahm man kaum etwas.
Als die Sonne hinter den Hügeln verschwand, wurde mir das erste Mal wirklich klar, was meine Freunde hier aus der Eifel für mich getan hatten. Der Ort war mit Lampions, die in den Bäumen und Sträuchern hingen, und mit Kerzen und kleinen Bodenlampen geschmückt. Sie hatten hier instinktiv versucht, die Atmosphäre vom Tal der Sídhe entstehen zu lassen! Oh Himmel und sie hatten es geschafft!
Überall in den Bäumen gaben die Lampions ihr sanftes Leuchten von sich, flackerten kleine Kerzen und all diese Lichter wiesen den Weg zu meinen Geschichten.
Mir kam es so vor, als näherten sich die Wesen des Waldes, die niemand sehen konnte, ließen sich zu meinen Füßen nieder und lauschten mir ebenso.
In einer der Pausen sah ich dann das erste Mal nach oben und verfiel in andächtiges Staunen. Der Himmel war sternenklar – so klar, dass man die Milchstraße erkennen konnte. Nie zuvor, nur in den gedanklichen Bildern des Schreibens, sah ich so viele Sterne. Sie funkelten wie Diamanten.
Ich spann meine Geschichten bis in die Nacht hinein, bis wir schließlich wie in den keltischen Geschichten am Lagerfeuer zusammensaßen und redeten.
Am nächsten Tag sah ich ihn dann das erste Mal wirklich. Ich hatte ihn natürlich am Vortag schon gesehen, aber ich war doch zu abgelenkt, von dem was kommen sollte, dass ich ihn viel zu wenig würdigte: den Beschützer des Tales.
Eine uralte Eiche thronte am Abgrund einer Schlucht, streckte ihre Wurzeln so tief ins Erdreich, dass kein Sturm, kein Erdbeben, wirklich nichts sie je umwerfen könnte. Ich hoffe von ganzem Herzen, dass auch kein Mensch es je wagt, in der Beziehung Hand an sie zu legen.
Man sagte mir, sie lasse nicht jeden zu sich. Doch ich verspürte sofort den unwiderstehlichen Drang zu ihr zu gehen, sie zu berühren. Wie von selbst kamen Worte aus der Sprache der Sídhe über meine Lippen und sie verstand. Ein unbeschreibliches Gefühl durchströmte mich, als sie mich wie einen alten Freund begrüßte.
Später geleitete man mich weiter in den Wald. Aus einem Gefühl heraus trug ich Kleidung, die auch ein Elf hätte tragen können und fühlte mich so noch viel mehr mit dem Wald verbunden.
Nur wenig später gelangten wir an eine Felswand. Ein Baum hatte seine Wurzeln mit dem Gestein völlig verbunden. Ich konnte nicht anders, als diese Einheit zu berühren, auch weil ich spürte, dass ich »willkommen« war. Aus dem Felsen pulsierte Energie, meine Finger prickelten, als ich meine Hand darauf legte. Ich fühlte, dass diese fast magische Stätte beschützt wurde. Der Wald flüsterte wieder und wieder meinen Namen – ich war nach Hause gekommen …