Das Besondere an dem Buch ist für mich, dass es in meiner Heimatstadt spielt. Ehrlich gesagt hätte ich niemals gedacht, dass ich mal einen Krimi schreiben werde, geschweige denn, dass der in Gelsenkirchen spielt. Aber damals setzte mir meine Agentin einen Floh ins Ohr und obwohl ich Crime lieber im Fernsehen schaue, wog ich doch den Gedanken hin und her. Joshua hat mir dann die Entscheidung abgenommen, als er plötzlich beim Kaffee vor mir in der Küche "auftauchte". Er sagte gar nichts, stand nur da und sah mich an. Da wusste ich, wer er ist, was er beruflich macht und dass er die Gabe hat, Geister wahrzunehmen. Ich glaube, ich saß fünf Minuten mit erhobener Kaffeetasse da und wunderte mich.
Ihr seht, so wie Josh die Geister wahrnimmt, so kommen zu mir die Buchcharaktere. Ich habe hier also immer ein buntes Völkchen, das mir quasi die Ohren zuquasselt. Der Protagonist war also geboren und irgendwie habe ich ihn immer in Gelsenkirchen gesehen, von Anfang an. Ha!, dachte ich, das wird leicht. Hier kenne ich mich aus, wie in meiner Hosentasche. Äh ja ... ich merkte, dass es doch nicht so einfach war, denn wenn man von Kindheit an hier im Ruhrgebiet lebt, muss man feststellen, dass man viele Dinge gar nicht mehr richtig wahrnimmt. Wie sieht nochmal der Malakowturm auf der Zeche Ewald aus? Welche Fassadenfarbe hat die Polizeistation? Und verflixt, wo genau steht das Torhaus der Zeche Bergmannsglück? Ich brauchte Fotos und Eindrücke, also machte ich mich an einem kalten Wintertag auf und fuhr kreuz und quer durch meine Heimat.
Die Zeche Ewald in Herten war mein erster Anflugspunkt. Denn im Süden des Städtchens bin ich aufgewachsen, hier fuhren wir oft mit dem Rad zu den Halden und von jeher wirkte der Ort sehr geheimnisvoll auf mich. Der Malakowturm ragte vor mir auf und
mich überkam wirklich ein gruseliges Gefühl, denn die alten Fenster
kamen mir wie schwarze Augen vor. Die alten Mauern wirkten verwittert und sofort war mir klar, dass ich hier etwas gefunden hatte, das perfekt für eine der ersten Szenen war. Leider war der direkte Zugang
abgesperrt, ich konnte aber trotzdem reinlugen. War zum Glück niemand
da, der mich hätte erwischen können, auch kein Geist.
Der alte Förderturm neben dem Malakowturm faszinierte mich besonders, weil diese Stätte eine sehr außergewöhnliche Atmosphäre hatte. Mir war, als hörte ich die Stimmen der Bergleute, das Surren der Räder. Der Wind pfiff mir um die Ohren und ich betrachtete die alten Arbeitswerkzeuge, die am Fuße des hohen Turms wie achtlos liegen gelassen worden waren. Rost und durch den Winter abgestorbenes Unkraut wucherte überall auf dem Metall. Trotzdem wirkte es irgendwie friedlich, als hätte der Ort seinen Frieden mit dem Bergbau gemacht.

Als ich "Ruf der Geister" fast fertig hatte, wurde immer offensichtlicher, das man das baufällige Gebäude abreißen würde. Also steht meine Protagonistin Lea nun in der Küche und liest genau den WAZ-Artikel, den auch ich gelesen habe, wo darüber berichtet wird. So schloss sich für mich der Kreis.